Osteopathie ist eine sanfte Heilkunde, bei der die Hände genutzt werden, um den Patienten zu untersuchen und zu behandeln.
Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass der Körper sich selbst regulieren (und heilen) kann. Voraussetzung dessen ist, dass alle Strukturen gleichermaßen gut versorgt und auch gut beweglich sind. Der Osteopath untersucht das Gewebe des ganzen Körpers, um Einschränkungen aufzuspüren und auszugleichen. Dies geschieht immer “auf den Patienten bezogen”, das heißt der Patient wird als Einheit von Körper, Geist und Seele betrachtet, geprägt durch sein individuelles Umfeld.
Das Prinzip der Osteopathie bezieht sich somit einerseits auf die Beweglichkeit des Körpers in seiner Gesamtheit. Anderseits auf die Eigenbewegungen der Gewebe, der einzelnen Körperteile und Organsysteme sowie deren Zusammenspiel. Um optimal funktionieren zu können, benötigt jedes Organ eine gewisse Bewegungsfreiheit. Ist diese eingeschränkt, entstehen (osteopathisch gesehen) Gewebespannungen aus denen sich Funktionsstörungen entwickeln können. Kommt es zu mehreren Fehlfunktionen, kann der Organismus aus Sicht der Osteopathie nicht mehr kompensieren und es entstehen Beschwerden.
Bei der Erforschung der Beschwerdeursachen im menschlichen Körper stehen die Strukturstörung und die daraus resultierende Fehlfunktion im Vordergrund. Es gilt also, diese sogenannte somatische Dysfunktion aufzuspüren und zu beheben. Daher kann man sagen, dass Osteopathie oft auch vorbeugend behandelt und bei vielen Krankheiten sinnvoll ist. Da diese oft Ausdruck eines gestörten Zusammenspiels der verschiedenen Körpersysteme und der Organe sind. Um seine eigenen Möglichkeiten besser einschätzen zu können, greift der Osteopath auch gern auf Befunde aus der klinischen Diagnostik. Beispielsweise auf Röntgenbilder und Laborwerte zurück. Damit ist die Osteopathie eine die Schulmedizin sinnvoll ergänzende Form der Medizin. Immer mehr Fachärzte schätzen die Zusammenarbeit mit Osteopathen.
Der Begründer, Andrew Taylor Still (1828 – 1917), beschrieb drei wichtige Merkmale, die bis heute die Ecksäulen der Osteopathie darstellen:
1. Struktur und Funktion
Der menschliche Körper besteht aus unzähligen Strukturen wie Knochen, Muskeln, Sehnen und Organen. Ein Knochen beispielsweise ist eine harte Struktur, die dem Körper Halt gibt, also für Festigkeit sorgt und vor übermäßiger Druck- oder Zugbelastung schützt. Der Muskel hingegen kann sich zusammenziehen oder dehnen und ermöglicht es so erst den Knochen, sich zu bewegen. Es ist jeweils die Funktion, die eine Struktur zu dem macht, was sie ist. Wenn sich die Funktion ändert, dann ändert sich auch die Struktur. So wächst ein Knochen, wenn er ständig unter Druck- und Zugbelastung steht, genauso wie ein Muskel stärker wird. Werden Knochen oder Muskeln nicht mehr gebraucht, dann werden sie schwächer oder verkümmern. Gleiches gilt auch für alle anderen Strukturen des Körpers: Ein Mehr an Funktion führt meist zu einem Mehr an Struktur aber auch umgekehrt.
Dieses Prinzip der gegenseitigen Abhängigkeit von Struktur und Funktion ist der Kern der Osteopathie. Funktionsstörungen zeigen sich oft als beeinträchtigte Bewegungen einer Struktur. Durch die Überprüfung der Bewegungen, kann der Osteopath eine solche Funktionsstörung feststellen und mit seinen manuellen Techniken der Struktur helfen, zu ihren ursprünglichen, gesunden Bewegungen zurückzufinden. Stimmen die Bewegungen der Struktur wieder, kann diese wieder in vollem Umfang funktionieren.
2. Untrennbare Einheit
Der menschliche Organismus besteht aus unzähligen Strukturen, welche alle miteinander direkt oder indirekt verbunden sind. Diesen wichtigen Zusammenhang stellen die sogenannten Faszien her; dünne Bindegewebshüllen, die jede Struktur umgeben um gemeinsam eine große Körperfaszie zu bilden.
Für die Osteopathie sind sie von elementarer Bedeutung. Folgt der Osteopath mit seinen Händen einer Faszie, gelangt er von einer Körperstruktur zur nächsten. Faszien können auch Strukturen verbinden , die funktionell nichts miteinander zu tun haben und zudem Veränderungen übertragen, wie etwa Funktionsstörungen. Dies erklärt, warum Ursachen an einer Stelle oft zu Beschwerden in ganz anderen Körperregionen führen. Funktionsstörungen können daher immer den gesamten Organismus betreffen.
Deswegen behandelt die Osteopathie nie einzelne Beschwerden oder Krankheiten, sondern immer den Patienten in seiner Gesamtheit.
3. Selbstheilungskräfte
Gesundheit sollte man eher als eine Art Gleichgewicht betrachten, das unser Körper halten möchte und nicht nur als ein Ziel, das wir erreichen wollen. Das ist zugegebenermaßen gar nicht so einfach, da unser Körper ständig sowohl inneren als auch äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, die ihn aus diesem Gleichgewicht bringen. Gelingt es unserem Körper, dieses Gleichgewicht zu halten, sprechen wir von Gesundheit. Geht es verloren, dann erkranken wir. Doch selbst wenn wir erkranken, gibt unser Körper nicht auf, sondern versucht immer wieder gesund zu werden, also ein neues Gleichgewicht herzustellen.
Die Fähigkeit unseres Körpers, im Gleichgewicht zu bleiben oder “gesund zu sein” oder dieses Gleichgewicht bei Erkrankung wiederzuerlangen, verdanken wir seinen Selbstheilungskräften. Diese zeigen sich auf vielfältige Weise, beispielsweise wenn gerinnendes Blut eine Wunde verschließt, wenn Bakterien bei Entzündungen abgewehrt werden, wenn unser Körper nach einer Viruserkrankung gegen die gleichen Viren immun wird oder wenn ein gebrochener Knochen wieder zusammenwächst.
Oft entstehen Beschwerden oder Erkrankungen, weil eine Bewegungseinschränkung eine Struktur daran hindert, richtig zu funktionieren. Diese Funktionsstörung kann früher oder später sogar die Struktur schädigen. Der Osteopath wird daher immer versuchen, Bewegungseinschränkungen zu lösen und damit die Selbstheilungskräfte zu wecken, die dann voll wirken können. Mehr kann und muss der Osteopath an dieser Stelle nicht tun. Denn Heilen kann sich unser Körper nur selbst.